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Dienstag, 12. März 2013

Olgas Auslandsbericht

Meine Freundin, Olga hat einen Bericht über ihr Auslandsjahr in Hong Kong geschrieben. Sie ist auch aus Deutschland und ihr kennt sie eventuell von ein paar Bildern meines Blogs. Viel Spaß beim lesen. Der Text ist toll geschrieben und gibt viele Informationen über unser Leben in Hong Kong.

Hong Kong


Wenn wir Europäer an Hong Kong denken, haben wir meist ein Bild vor Augen, in dem kleine Chinesen chinesisches Essen kochen, mit Taschenrechnern durch die Straßen laufen und sowieso alles voll und dreckig ist. Dabei hat Hong Kong viel mehr zu bieten.
Ein kleiner Einblick in die Welt zwischen Großstadtjungel und Naturparadies.

Zuerst einmal sind Hongkonger keine Chinesen! Denn Hong Kong ist eine Sonderverwaltungszone im Süden Chinas. Das bedeutet, Hong Kong gehört offiziell zu China, es gibt aber andere Gesetze und eine andere Regierung. Außerdem ist Hong Kong eine freie Demokratie, in der jeder das Recht auf freie Meinungsäußerung hat. Wie in Deutschland also.
Hong Kong ist Flächenmäßig nicht sehr viel größer als Hamburg oder Berlin, jedoch können durch die bergische Landschaft nur 25% der Fläche bebaut werden.
Die Stadt besteht aus dem Festland, das gleich an China grenzt, der großen Halbinsel Hong Kong Island sowie 262 kleineren Inseln.
Da Hong Kong bis 1997 eine englische Kolonie war, sind die staatlich anerkannten Sprachen bis heute Englisch und Kantonesisch. Kantonesisch, auch Hochchinesisch genannt, ist eine etwas schwerere Form des „normalen“ Chinesisch, auch Mandarin genannt. Während Mandarin aus 4 verschiedenen Tonhöhen besteht, gibt es im Kantonesischen 7 verschiedene. Die Zeichen sind in etwa die Gleichen, jedoch werden in Hong Kong die traditionellen, in China die vereinfachten Schriftzeichen genutzt.
In Hong Kong leben etwa 7 Millionen Menschen, was es zur dritt größten Metropole Chinas macht. Der Ausländeranteil liegt jedoch bei nur 5 Prozent, von dem 80% Philippinos sind, die meist als Hausangestellte wohnen. Geht man auf die Straße, sieht man nicht sehr oft Westler, für die Mainland Chinesen die auf Urlaub nach Hong Kong kommen, ist man eine Attraktion.
Übersetzt bedeutet Hong Kong duftender Hafen.

Sich in Hong Kong als Tourist zurecht zu finden, ist unglaublich einfach!
Meine Gastmutter hatte am Anfang immer Angst, dass ich mich verlaufe, bis ich ihr erklärt habe, dass das ganze System in Hong Kong so gut organisiert und ausgeschildert ist, dass ich mich sogar in Deutschland öfter verlaufe.
Das Hauptverkehrsmittel ist die MTR (Mass Transit Railway), die aus 10 verschiedenen Linien besteht und sich über die ganze Statt erstreckt. Um die MTR benutzen zu können, kann man sich entweder Einzelfahrscheine, die ein bisschen teurer sind, kaufen oder man entscheidet sich, eine Magnetstreifenkarte zu kaufen. Diese Karte nennt sich Octopuskarte und kostet 50HK$ (umgerechnet 5€). Auch wenn man nur als Tourist in Hong Kong ist, lohnt es sich auf jeden Fall, sich eine Octopuskarte zu besorgen, da man mit dieser auch in allen Bussen und auf der Fähre sowie in jedem Starbucks und McDonalds sowie etwa 80% aller anderen Shops bezahlen kann. Wird diese Karte in einem Zeitraum, der kürzer als 2 Monate ist, benutzt bekommt man bei der Rückgabe seine 50HK$ sowie das Restgeld zurückerstattet. Das Bezahlen ist auch sehr einfach, möchte man in die MTR-Station reingehen, muss die Karte an einen Kartenleser gehalten werden, geht man aus der Station wieder raus, wird das benutze Geld abgebucht. Seine Karte kann man an jeder Station an mechanischen Schaltern mit 50 oder 100 HK$ Noten, oder eine andere Summe an den mit Personen besetzten Schaltern aufladen. Außerdem kann man in jeden Kiosk gehen und die Karte dort aufladen.
Neben der MTR gibt es natürlich auch noch Busse. Zum einen gibt es die normalen Busse, so wie wir sie aus Deutschland kennen (allerdings fahren in Hong Kong nur Doppeldeckerbusse), zum anderen gibt es die sogenannten Minibusse. Diese Minibusse haben nur 16 Plätze und halten nicht an jeder Station. Sie fahren meistens die Gleichen Ziele an, wie die normalen Busse, nur fahren sie erst los, wenn sie voll besetzt sind, und halten nur, wenn man dem Busfahrer bescheid gibt. Für Touristen ist das ein bisschen kompliziert, vor allem wenn man nicht weißt, wo man aussteigen muss, deswegen werden die Minibusse hauptsächlich von den Lokalen Leuten genutzt.
Zudem gibt es verschiedene Fähren, die zwischen dem Festland und Hong Kong Island hin und her fahren. Wenn man mal in Hong Kong ist, sollte man unbedingt mit der Fähre fahren. Sie kostet umgerechnet nur 25 Cent und von dort aus hat man einen unglaublichen Blick auf beide Seiten der Stadt.

Ich habe mich entschieden, nach Hong Kong zu gehen, weil ich unbedingt in ein Land gehen wollte, wo es eine komplett andere Kultur gibt, als in Deutschland.
Ich hatte keine besonderen Vorstellungen von Hong Kong, bis ich letztes Jahr in den Weihnachtsferien mit meinen Eltern dort war. Wir haben 10 Tage lang die Stadt erkundet und gemerkt, dass das noch lange nicht reicht, um alles kennen zu lernen.
Erst jetzt, 5 Monate nach meiner Ankunft, habe ich das Gefühl, die Stadt wirklich gut zu kennen und wirklich alles habe ich auch noch nicht gesehen.
Ich bin froh, in einer Stadt wie Hong Kong leben zu dürfen. Hong Kong ist der reinste Großstadtjungel, in dem man in der Menge untergeht, es immer stickig ist und ein unglaublicher Lärm herrscht. An jeder Straßenecke kann man traditionelles Chinesisches Essen kaufen, dass unglaublich gut schmeckt, und total günstig ist, im nächsten Einkaufszentrum kann man aber auch die Vorzüge einer europäischen Küche genießen. Egal wo man ist, man ist fast nie allein, man kann in Hong Kong alles kaufen und viele verschiedene Sachen unternehmen.
Auf der anderen Seite hat Hong Kong aber auch super tolle Strände, an denen es total ruhig ist, da man sie nur über einen Wanderpfad erreichen kann. Man kann jedes Wochenende an einem anderen Ort wandern gehen und dem Großstadtlärm entkommen. Es gibt sowohl kleine tropische Wälder, Berge auf denen Affen leben, als auch tolle Sandstrände, an denen kleine Schildtkröten jedes Jahr ihre Eier legen.
Hong Kong ist einfach eine Stadt, die für jeden etwas zu bieten hat, und in der es einem niemals langweilig wird.

Ich bin mit der Austauschorganisation AFS (American Field Service) in Hong Kong. Das schöne an AFS ist, dass alles auf einer Gemeinnütziger Basis aufgebaut ist. Niemand, der für AFS arbeitet, bekommt Geld dafür, weder die Leute die alles organisieren, noch die Leute die die Schüler vorbereiten oder die Gastfamilien.
Meine Gastfamilie besteht aus meiner Gastmutter Ronica, meinem Gastvater Stephen und meinen drei Gastbrüdern Jack (15), Justin (17) und Brian (20) sowie unserem Hund Bieber. Die beiden älteren Brüder studieren allerdings in den USA, deshalb habe ich sie nur vor ihrer Abreise und in den Weihnachtsferien gesehen.
Justin war selber vor zwei Jahren mit AFS in Italien und wollte gerne etwas an die Organisation zurückgeben, deshalb hilft er dem AFS Büro als Volunteer. Meine Gastmutter wollte gerne eine Gastschülerin aufnehmen, da sie an ihrem Sohn gesehen hat, was für einen positiven Einfluss das Jahr auf ihn hatte und wollte das anderen Schülern auch ermöglichen.
Wir wohnen in Sai Kung, einem Gebiet ganz im Osten von Hong Kong, das gleich am Wasser gelegen ist. Meine Gasteltern haben ein Haus in einer geschützen Wohnsiedlung gekauft, was für Hongkonger Verhältnisse sehr ungewöhnlich ist. Meist lebt man in sehr, sehr kleinen Wohnungen. Viele andere Austauschschüler müssen sich mit ihren Gastgeschwistern ein Zimmer teilen, ich hingegen habe mein eigenes Zimmer.
Generell habe ich sehr viel Glück mit meiner Gastfamilie, da wir uns total gut verstehen. Vor allem zu meiner Gastmutter habe ich ein total enges Verhältnis, und ich wurde von Anfang an behandelt, als wäre ich ihre eigene Tochter.
Außerdem sind sie sehr offen, interessiert an mir und nicht sehr streng. In Hong Kong ist es eigentlich normal, dass gerade Mädchen Abends sehr früh zuhause sein müssen und sehr behütet werden. Meine Gastmutter meinte aber gleich am Anfang zu mir, dass ich genau die gleichen Regeln habe würde, wie meine Gastbrüder, und das sind eigentlich nicht sehr viele. Abends darf ich so lange draußen bleiben, wie ich möchte, solange ich bescheid sage, wo ich bin, und es rechtzeitig schaffen würde, die letzte Bahn nach hause zu nehmen. Ein paar meiner Freundinnen hingegen müssen Abends immer schon um zehn zuhause sein, was teilweise, bei einem Rückweg von einer Stunde, sehr früh ist.
In Hong Kong sind die Mietpreise sehr, sehr hoch. Deswegen sind die Wohnungen der Leute sehr klein und die Lebensverhältnisse ganz anders als in Deutschland. Da meine Familie ein großes Haus besitzt, lädt meine Gastmutter gerne mal Freunde ein, und ich darf auch immer Freunde mitbringen, aber generell besucht man sich gegenseitig nicht sehr oft, sondern trifft sich draußen um zusammen einen Café trinken zu gehen oder etwas zusammen zu essen.
Das Zuhause gilt als ein sehr privater Ort, an den man höchstens mal die Familie einlädt. Die einzige Zeit im Jahr in der man Leute einlädt ist chinesisch Neujahr, denn da ist es Tradition, dass man von Haus zu Haus geht und seine Freunde und Verwandten besucht und besucht wird.
Da die Mietpreise so hoch sind, wohnen kaum Leute in der Stadt. Es ist normal ein Stück außerhalb zu wohnen, die meisten Austauschschüler fahren wie ich um die 45 Minuten zur Schule und in die Stadt ungefähr eine Stunde.

Als Austauschschüler wurden wir alle in lokalen, chinesischen Schulen platziert, jedoch ist der Unterricht meist auf Englisch.
Meine Schule nennt sich Heep Yunn School, was übersetzt etwas wie Zusammenhalt bedeutet. Die Schule in Hong Kong besteht aus 6 Jahren Grundschule, die man Primary 1 bis 6 nennt, und 6 Jahren auf der Weiterführenden Schule, die man Secondary 1 bis 6 genannt werden. Meine Schule ist eine der drei besten Schulen in Hong Kong, sie besteht nicht nur aus einer weiterführenden Schule sondern auch aus einer Grundschule und einem Kindergarten. Das ungewöhnliche in Hong Kong ist, dass man schon im Kindergarten und der Grundschule richtige Tests schreibt. Denn da es so viele Hongkonger, aber so wenig Universitätsplätze gibt, geht es in Hong Kong die gesamte Schulzeit darum, zu lernen, zu lernen und zu lernen.
Je besser man im Kindergarten abschneidet, desto besser wird die Grundschule werden, die einen aufnimmt und so weiter. Erst in der Universität können die Schüler mal ein bisschen abschalten und sich gehen lassen.
Das tolle an der Schule in Hong Kong ist, dass man ein viel größeres Zusammenhaltsgefühl hat. Vor allem meine Schule ist für den guten „school spirit“ bekannt, zu jedem Wettbewerb wird eine Klasse geschickt, die das jeweilige Team anfeuern soll.
Die Schule ist einem wichtig, während man seine Schuluniform trägt, achtet man darauf, wie man sich benimmt. Außerdem achten die Schüler untereinander vielmehr aufeinander. Meine Schule hat zum Beispiel ein Study-Buddy System, bei dem sich Leute zusammen tun können, die sich in bestimmten Fächern gegenseitig helfen können.
Meine Schule ist eine protestantische Mädchenschule. Fast jeden Morgen haben wir eine sogenannte Morning Assembly, bei der entweder andere Schülerinnen, Lehrer oder der Schuldirektor eine Rede oder einen Vortrag halten. Wir müssen oft beten und singen. Das Singen am Morgen gefällt mir eigentlich echt gut, da es total toll klingt wenn alle Schülerinnen singen.
Hong Kong hat leistungsmäßig das drittbeste Schulsystem der Welt, dementsprechend ist der Druck auf die Schüler groß. Generell würde ich sagen das der Stoff in Hong Kong der Gleiche ist wie in Deutschland, allerdings wird alles sehr viel Detaillierter und in einem höheren Tempo durchgenommen.
Die ganze Lernatmosphäre ist anders. Während es in Deutschland darum geht, fragen zu stellen und sich im Unterricht einzubringen, hat man hier dem Lehrer zuzuhören und bloß keine Fragen zu stellen. Die Schüler sitzen lediglich da und schreiben alles mit, wer etwas nicht versteht fragt beim Nachhilfeunterricht oder den extra Stunden nach, die sich hier jeder Schüler nimmt. Es gibt unglaublich viele Hausaufgaben.
Eigentlich finde ich es ganz gut, hier auf einer Mädchenschule zu sein, einfach um das mal kennen zu lernen. Ich finde es echt gut auf einer Mädchenschule, allerdings bin ich auch nur ein Jahr hier. Für die anderen Mädchen auf meiner Schule ist es nämlich total schwer, normal mit Jungs umzugehen. Die meisten von ihnen waren auch schon in dem Kindergarten und der Grundschule meiner Schule, und waren niemals mit Jungs zusammen in einer Klasse. Vielleicht kennen sie Jungs aus der Kirche, aber generell ist es total schwer für sie, mit Jungs zu kommunizieren, viele sagen einfach gar nichts mehr, sobald ein Junge dabei ist.
Mein Gastbruder ist auf einer Jungenschule und ich glaube, am Anfang war es schwer für ihn, mit einem Mädchen zusammen zu leben. Es ist nicht so, dass wir viele gemeinsame Interessen hätten oder oft etwas zusammen unternehmen würden, aber wir haben uns total aneinander gewöhnt, können uns nett unterhalten und gehen gerne zusammen essen wenn unsere Eltern nicht da sind.
In Deutschland habe ich keine Geschwister, und ich finde es total toll, endlich so etwas wie einen Bruder zu haben.

Ich fand es richtig schwierig, hier in der Schule Anschluss zu finden. Obwohl der ganze Unterricht auf Englisch ist und meine Mitschülerinnen korrekte Aufsätze schreiben können, trauen sie sich nicht, englisch zu sprechen. Das liegt wohl daran, dass sie im Unterricht nur zuhören müssen und sich nicht einbringen brauchen.
Chinesen sind generell fremden gegenüber sehr schüchtern und mit mir haben sie sich am Anfang gar nicht getraut zu reden. Zum Glück bin ich aber mit einer anderen Austauschschülerin aus Frankreich auf meiner Schule, die eine sehr tolle Freundin für mich geworden ist, mit der ich in der Mittagspause essen gehen kann und neben der ich meist im Unterricht sitze.
Nach und nach haben wir uns aber auch mit den anderen Mädchen angefreundet, mit meinen Sitznachbarinnen in der Klasse kann ich viel Spaß haben und ein Mädchen hat mich sogar zum Chinesisch Neujahr eingeladen, um einen Tag mit ihrer Familie zu verbringen.

Kennt man die Hongkonger erst einmal richtig, dann sind es total liebenswürdige Menschen, auf die man sich verlassen kann und mit denen man sich meist gut unterhalten kann. Jedoch sind die Jugendlichen in Hong Kong für ihr Alter nicht so entwickelt wie in Deutschland. Die Eltern wollen, dass ihre Jugendlichen Kinder wie kleine Kinder behandelt werden, und sich nur um die Schule kümmern. Die meisten müssen zu hause zum Beispiel gar nichts machen, sondern sollen diese Zeit lieber zum lernen verwenden. Daher kommen auch die strengen Regeln, vor allem natürlich für die Mädchen.
Alles, was wir in Deutschland schon recht früh lernen (Zum Beispiel Kochen, wäsche Waschen und sogar alleine irgendwo hin zu fahren) lernen die Jugendlichen hier erst sehr viel später, meist werden sie erst selbstständig, wenn sie auf die Universität kommen.

Generell bereue ich meine Entscheidung nach Hong Kong zu gehen nicht.  
Jedem, der ein Auslandsjahr machen möchte, würde ich empfehlen, Hong Kong in Erwägung zu ziehen, jedoch gibt es ein paar Dinge, die man mitbringen sollte.
Man sollte damit klar kommen, eventuell in eine Familie kommen, die sehr traditionell ist und sehr strenge Regeln hat. Wer nur auf ein Jahr mit Partys aus ist, ist hier eher nicht richtig. Außerdem sollte man damit leben können sich für ein Jahr ein Zimmer zu teilen auch die Hygienestandarts entsprechen denen in Deutschland längst nicht. Möchte man nach Hong Kong gehen, sollte man bereit sein, sich strengen Regeln anpassen zu können und sich Eltern, Lehrern und anderen Autoritäten bedingungslos unterzuordnen. Gerade die Schule in Hong Kong ist sehr streng, Die Regeln zur Schuluniform müssen präzise eingehalten werden. Trägt man die Schuluniform muss man penibel darauf achten, was man tut und wie das die Schule dastehen lassen könnte. Außerdem fordern die meisten Schulen, dass man viel mitarbeitet und die Hausaufgaben immer macht, und das sind in Hong Kong sehr viele.
Egal wohin man seinen Austausch macht, hat man immer Schwierigkeiten, jedoch stößt man in Hong Kong auf Schwierigkeiten, die man so aus dem europäischen Leben gar nicht kennt, weil sie Kulturell bedingt sind.
Man sollte sich einfach bewusst sein, dass man in Hong Kong auf eine völlig andere Kultur stößt und egal was man vorher durch Freunde oder Medien gehört hat einen kaum etwas auf das wirkliche Leben hier vorbereiten kann.
Man darf auf keinen Fall vergessen, dass man immer auf lokalen Schulen platziert wird, die hauptsächlich von Hong Kongern besucht werden, die sich nur auf Kantonesisch unterhalten, die Gastfamilien können nicht immer Englisch sprechen.

Oft fragen meine Mitschülerinnen mich, was ich an Deutschland am meisten vermisse. Ich hatte hier nicht viel Heimweh, lediglich an Weihnachten sind ein paar Tränchen geflossen. Durch das Internet ist es leicht geworden, Kontakt nach Deutschland zu halten, mit meinen Eltern und meinen engsten Freunden schreibe ich fast täglich. Ein paar andere Austauschschüler wurden von ihren Eltern oder Geschwistern besucht, was ich zum Beispiel gar nicht wollen würde. Zwar hat mich mein Freund über Neujahr besucht, was sehr schön war und für diese zehn Tage auch echt geholfen hat, jedoch habe ich mich danach doch sehr nach Deutschland gesehnt und ich denke, würden meine Eltern jetzt kommen, würde ich auf der stelle meine Sachen packen und mit ihnen nach hause fahren. Es ist nicht so, dass ich bestimmte Dinge vermisse, es sind eher Kleinigkeiten. Zum Beispiel das man sich in Deutschland in der Schule anziehen kann wie man will. Hier muss ich meine Haare immer zu meinem Zopf binden und darf kein Make-up tragen und manchmal wünsche ich mir nichts sehnlicher als meine Haare aufzumachen und mich zu schminken.
Auch wenn ich hier tolle Freunde habe, die ich am Wochenende sehe, fehlen mir meine Freundinnen aus der Schule total. Ich vermisse es, in der Pause mit Leuten zusammen zu sitzen, die ich schon lange kenne und mit denen ich über alles reden kann, Geschichten auszutauschen und ein bisschen rumzualbern.
Ich vermisse es sogar, mich mit ihnen zu streiten, weil ich mich hier mit niemandem streiten kann.
Und manchmal vermisse ich auch ganz banale Sachen, zum Beispiel ein Brot oder eine Wurst. Hier gibt es zum Abendbrot immer Reis mit Gemüse und Fleisch und auch wenn das komisch klingt, manchmal wünsche ich mir nicht mehr als ein richtiges Schwarzbrot mit Aufschnitt oder zum Mittagessen eine Currywurst oder einen Döner. Auch wenn ich nie viel Döner esse, sobald man etwas nicht haben kann, fängt man an es zu vermissen.

Doch trotz aller Schwierigkeiten bin ich hier total glücklich. Ich habe total tolle Freunde gefunden und Freundschaften geschlossen, die noch lange über das Auslandsjahr hinaus führen werden. Nicht nur, weil wir gute Freunde geworden sind, sondern weil wir eine wichtige Zeit unseres Lebens zusammen verbracht haben, und keiner, der nicht auch ein Auslandsjahr noch Hong Kong gemacht hat, jemals verstehen kann, was unsere Probleme waren, oder warum manche Witze über Hong Konger lustig sind. Zum ersten Mal in meinem Leben stellen sich mir Fragen oder ich habe Probleme, auf die ich keine Antwort habe, und die manchmal auch nicht zu lösen sind. Egal ob es ein Freund ist, der sich nicht mit seiner Gastfamilie versteht, oder eine Freundin die nicht mehr weiter weiß. Wir sind insgesamt 46 Austauschschüler aus der ganzen Welt und auch wenn ich nicht mit jedem Einzelnen befreundet bin oder jeden unglaublich gerne mag, sind wir doch zu einer Art Familie geworden, und egal wo ich auf der Welt hin möchte, habe ich immer einen Bekannten, den ich Besuchen kommen könnte.
Meine Gastmutter hat mir schon angeboten, zum studieren zurück zu kommen und bei ihr zu wohnen, Hong Kong ist einfach ein zweites Zuhause für mich geworden. Ich habe Hong Kong lieben gelernt mit all seinen Macken aber vor allem mit all seinen wunderbaren Plätzen, Menschen und Sitten die ich in Deutschland unglaublich vermissen werde.


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